INTERVIEW

Im Gespräch mit Lisa-Marie Ihnen, Business Development und Portfolio Managerin, Proact

In unserem Interview berichtet Lisa-Marie Ihnen über ihren vielseitigen Arbeitsalltag als Business Development und Portfolio Managerin bei Proact und gibt Tipps für einen erfolgreichen Karriereeinstieg in der Tech-Branche. Außerdem erzählt sie uns von ihrer Erfahrung mit dem Thema Mentoring.


Stell dich und deinen Werdegang in die IT bitte kurz vor.

Lisa-Marie Ihnen: Mein Name ist Lisa-Marie Ihnen, ich bin 27 Jahre alt und arbeite als Business Development und Portfolio Managerin bei Proact. Bis 2017 habe ich dual bei Bosch Sicherheitssysteme Wirtschaftsinformatik studiert, weil mich sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Richtung interessiert hat. Das duale Studium hat mir zudem ermöglicht direkt auch praktische Erfahrung zu sammeln. Bevor ich dann zur ahd (heute Teil der Proact) gewechselt bin, habe ich zweieinhalb Jahre im Software Consulting gearbeitet und dabei verschiedenste Aufgaben übernommen: vom Customizing, über die Schulung der Mitarbeitenden bis hin zum Support. Wenn ich heute Berufseinsteigerin wäre, würde ich mich zu 100 Prozent wieder für die Tech-Branche entscheiden. 

Mein Wirtschaftsinformatik-Studiengang hat mir den Rahmen offengehalten, mich mehr in die eine oder in die andere Richtung zu orientieren. Diese offene Jobgestaltung macht mir einfach sehr viel Spaß und ich habe die Möglichkeit mich stetig weiterzuentwickeln, was mir persönlich sehr wichtig ist.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Dir aus? Und was ist das besonders Spannende an deinem Job?

Lisa-Marie Ihnen: Das Spannendste an meinem Job ist tatsächlich, dass es für mich keinen typischen Arbeitstag gibt. Mein Tätigkeitsfeld ist sehr vielseitig: Das reicht von strategischen Themen bis in den Marketingbereich, wo ich beispielsweise Input für Landingpages gebe, beim Texten unterstütze oder Storylines in PowerPoint entwickle. Seit September verantworte ich außerdem deutschlandweit unser Portfolio und arbeite unter anderem an den Leistungsbeschreibungen unserer Managed Services. Zudem treibt mich die Fragestellung: Wie stellen wir unser Portfolio am besten vor? Um einen guten Überblick zu bekommen und die Realität wahrheitsgetreu abbilden zu können, habe ich auch viele Kontaktpunkte mit technischen Kollegen, was mich freut.

Meine berufliche Rolle ist, wie zuvor schon angedeutet, sehr kommunikativ, da ich stark in interne Abstimmungsprozesse involviert bin und sowohl intern wie extern eine Vermittlungsrolle einnehme. Ich habe aber auch durchaus Tage, wo ich komplett für mich arbeite, schreibe, konzipiere oder Dokumente prüfe. Genau diese Abwechslung liegt mir sehr und macht meinen Job für mich besonders spannend.

Wenn sich andere Frauen jetzt durch deinen Karriereweg inspiriert fühlen, auch in die Branche einzusteigen: Wie lauten deine Top drei Karriere-Tipps an Frauen, die in der IT sind oder die noch in die IT einsteigen wollen?

Lisa-Marie Ihnen: Erst einmal sollte niemand Angst vor der IT haben, weil es sich vermeintlich um eine Männerdomäne handelt. Es gibt verschiedenste Möglichkeiten sich zu entwickeln, wodurch jeder, der Begeisterung für Technik mitbringt, seine Rolle finden kann.

Zweitens ist es keine Voraussetzung genau zu wissen, wo der eigene Weg hingehen soll. Es ist vollkommen okay, erst einmal einzusteigen, sich auszuprobieren und zu schauen: In welche Richtung will ich gehen? Wo liegen meine Stärken und was macht mir am meisten Spaß? Ich bin beispielsweise keine leidenschaftliche Programmiererin. Ich kann Code lesen, aber es ist nicht das, wofür ich brenne. Das Programmieren überlasse ich daher lieber den Kollegen, die darin wirklich gut sind und die entsprechend Spaß daran haben. Stattdessen habe ich mir meine Nische gesucht, wo ich meine Stärken einsetzen kann.

Mein dritter Tipp lautet: Die eigene Weiterentwicklung aktiv anzugehen. Also proaktiv auf Vorgesetze zugehen und auch einmal abzufragen: Welche Stärken habe ich aus deiner Sicht? Was glaubst du, was kann ich richtig gut? Was zeichnet mich aus und in welche Richtung kann ich mich weiterentwickeln? Es ist sehr wichtig, da klare Signale in Richtung der Führungskraft zu setzen und deutlich zu artikulieren: Ich möchte mich weiterentwickeln und auch zu kommunizieren, was das eigene Ziel ist (wenn einem dieses schon bekannt ist).

Als letztes noch ein Bonus-Tipp, auf den wir gleich noch zu sprechen kommen: Sucht euch Mentor:innen, die euch auf dem Weg begleiten und euch bei Fragen mit Ratschlägen und ihren Erfahrungen zur Seite stehen.

Was könnte helfen, dass wir mehr Frauen für die IT gewinnen?

Lisa-Marie Ihnen: Tatsächlich fände ich es wichtig, wenn bereits in den Elternhäusern und Bildungseinrichtungen etwas passieren würde. Meine Eltern haben von Anfang an kommuniziert: Du kannst alles schaffen und wenn Technik dich begeistert, dann wirst du da deinen Weg gehen. Zudem sehe ich auch die Schule als prägenden Faktor: Ich selbst hatte Bionik als Unterrichtsfach, in dem ich mit Fischer Technik bauen durfte und ich war total traurig, wenn ich dieses Fach nicht besuchen konnte. Das lag unter anderem auch an meiner tollen Lehrkraft, die frisch von der Uni kam, sehr motiviert war und die Begeisterung für das ganze Thema „IT und Tech“ ein bisschen mehr bei mir entfacht hat.

Ansonsten sollten für junge Menschen auch mehr Möglichkeit geschaffen werden, wirklich praktische Einblicke in IT und Tech zu gewinnen, beispielsweise durch Aktionstage wie den Girls’ Day. Gesellschaftliche Präsenz von weiblichen Vorbildern in Tech ist ein weiterer ganz zentraler Punkt, weil Vorbildern in der Tech-Welt, in den Medien, in der Familie und dem Freundeskreis, dann als Inspiration und Ansprechpartner für die Karriereperspektiven von Mädchen und Frauen in Tech dienen können.

Vorbilder ist auch ein gutes Stichwort. Gibt es für dich selber Vorbilder innerhalb der IT- Branche, wo du sagst, die finde ich wirklich richtig spannend?

Lisa-Marie Ihnen: Für mich gab es tatsächlich nie diese eine Person, an der ich mich orientiert habe. Ich wollte für mich selbst einfach kein starr definiertes Zielbild schaffen. Es gibt aber immer wieder Menschen, die mich inspirieren, weil sie sich spannenden Themen widmen, wie zum Beispiel Céline Flores Willers im Bereich Social Media und Personal Branding. Meine Mentorin inspiriert mich ebenfalls, weil ich es mich beeindruckt, wie sie auch mit herausfordernden Themen selbstbewusst umgeht und auch bewusst schwierige Themen angeht und diese nicht meidet.

Wie findet man am besten eine Mentorin und was bringt Mentoring?

Lisa-Marie Ihnen: Seitdem ich berufstätig bin, hätte ich gerne einen Mentor oder eine Mentorin an meiner Seite gehabt. Allerdings wusste ich nicht, wie ich das Thema angehen soll bis ich letztes Jahr an einem #LiT – Ladies in Tech Event zum Thema Mentoring teilgenommen habe. Über das Event ist dann auch mein Mentoring-Tandem mit Evgeniya Ettinger von Oracle zustande gekommen. Wir haben beide schnell festgestellt, dass die Chemie stimmt und dass es sowohl auf menschlicher als auch auf fachlicher Ebene sehr gut passt.

Ich finde, der größte Vorteil des Mentorings ist, eine gewisse Neutralität – losgelöst von den Menschen und Organisationsstrukturen des eigenen Unternehmens – zu erfahren und eine andere Perspektive und Einschätzung zu meinen Themen zu erhalten. Manche Themen lassen sich mit einer neutralen Sichtweise einfach besser klären. Es hilft auch in 90 Prozent der Fälle festzustellen, dass mein Gegenüber bereits eine ähnliche Herausforderung oder Situation erlebt hat und dann von der Erfahrung partizipieren zu können.

Durch das Mentoring bin ich zudem viel proaktiver geworden. Ich bin inzwischen der festen Überzeugung, dass es ganz wichtig ist Themen proaktiv anzugehen, wenn du dich entwickeln möchtest und die nächste Stufe erreichen willst. Auch in diesem Kontext hat mir das Mentoring weitergeholfen.

Du bist auch als Speakerin auf Tech-Bühnen unterwegs und in unserem Speakerinnen-Verzeichnis. Warum brauchen wir aus deiner Sicht mehr Frauen auf Tech-Bühnen?

Lisa-Marie Ihnen: Diversität in allen Dimensionen und mehr Frauen auf Tech-Bühnen sorgen nochmal für andere Perspektiven und Impulse. Demnächst stehe ich zum Beispiel gemeinsam mit unserem CTO Marcus Bengsch auf der Tech-Bühne. Wir haben einfach festgestellt, dass es eine ganz andere Dynamik erzeugt mit zwei Menschen auf der Bühne zu sein. Aus meiner Sicht brauchen wir diese Vielfalt der Darstellungs- und Sichtweisen, um verschiedenen Perspektiven eine Stimme zu geben und noch mehr Insights teilen zu können.

Dr. Fritzschke, Tech-Ambassador bei OTTO hat uns folgende Frage für Dich mitgegeben: Welche Strategie hast du, um mehr Frauen und mehr Quereinsteigerinnen für die Tech-Welt zu gewinnen? Welche Strategie fährt dein Unternehmen, um das wirklich umzusetzen?

Lisa-Marie Ihnen: Zu unseren Strategien in diesem Bereich kann unsere HR-Abteilung sicherlich viel mehr sagen. Was ich persönlich als sehr positiv wahrnehme, ist, dass Lernen bei uns im Fokus steht. Jeder bei uns erhält einen LinkedIn Learning Account, wobei der Arbeitgeber die Kosten für diesen Account trägt. Zudem bekommen wir zur Weiterbildung auch zeitliche Ressourcen: Pro Monat können wir uns einen Tag von operativen und strategischen Aufgaben freinehmen und uns ganz der Weiterbildung widmen. Das ist jedoch kein spezielles Angebot für Frauen, sondern für alle Mitarbeitenden.

Wir möchten gerne auch Deine Aspekte und Fragen in die Diversity-Debatte einbringen. Welche Frage möchtest Du uns in diesem Zusammenhang für die nächste Interview-Partner:in mitgeben?

Lisa-Marie Ihnen: Ich stelle in meinem Freundes- und Bekanntenkreis zunehmend fest, dass das Thema Mentoring an Relevanz gewinnt. Es ist für viele Bewerber ein ausschlaggebender Faktor, ob es ein Mentoring-Programm beim potentiellen neuen Arbeitgeber gibt oder nicht. Daher lautet meine Frage. Wie wird das Thema Mentoring (intern oder durch externe Ressourcen) bei dir im Unternehmen gesehen und ggf. umgesetzt?

Vielen Dank für Deine Zeit und das Interview!

Wenn ich heute Berufseinsteigerin wäre, würde ich mich zu 100 Prozent wieder für die Tech-Branche entscheiden. 

Es gibt verschiedenste Möglichkeiten sich zu entwickeln, wodurch jeder, der Begeisterung für Technik mitbringt, seine Rolle finden kann.

Es ist vollkommen okay, erst einmal einzusteigen, sich auszuprobieren und zu schauen: In welche Richtung will ich gehen? Wo liegen meine Stärken und was macht mir am meisten Spaß?

Meine Eltern haben von Anfang an kommuniziert: Du kannst alles schaffen und wenn Technik dich begeistert, dann wirst du da deinen Weg gehen.

Ansonsten sollten für junge Menschen auch mehr Möglichkeit geschaffen werden, wirklich praktische Einblicke in IT und Tech zu gewinnen, beispielsweise durch Aktionstage wie den Girls’ Day.

Es gibt aber immer wieder Menschen, die mich inspirieren, weil sie sich spannenden Themen widmen, wie zum Beispiel Céline Flores Willers im Bereich Social Media und Personal Branding.

Ich finde, der größte Vorteil des Mentorings ist, eine gewisse Neutralität – losgelöst von den Menschen und Organisationsstrukturen des eigenen Unternehmens – zu erfahren und eine andere Perspektive und Einschätzung zu meinen Themen zu erhalten.

Diversität in allen Dimensionen und mehr Frauen auf Tech-Bühnen sorgen nochmal für andere Perspektiven und Impulse.