INTERVIEW

Im Gespräch mit Dr. Claus van der Velden, kaufmännischer Geschäftsführer bei NetCologne Gesellschaft für Telekommunikation mbH

Dr. Claus van der Velden verantwortet als kaufmännischer Geschäftsführer die Bereiche Controlling, Rechnungswesen, Personal sowie Einkauf und Recht & Regulierung bei NetCologne. Das Telekommunikationsunternehmen hat sich die Förderung von Vielfalt und insbesondere die Gleichstellung von Frauen und Männern zum Ziel gesetzt. NetCologne möchte durch verschiedene Maßnahmen und Rahmenbedingungen die Einstiegs-, Entwicklungs- und Aufstiegschancen von Frauen in der historisch immer noch sehr männlich geprägten Telekommunikationswelt fördern.  

Ihr Unternehmen ist tief in der hiesigen Kultur verwurzelt und zeigt ein hohes Engagement. Was macht die Region für Sie so besonders und wie fördern Sie diese?

Dr. Claus van der Velden: Köln ist bekanntlich die schönste Stadt der Welt. Auf jeden Fall ist die Stadt sehr lebenswert und weltoffen. Und es sind vor allem die Menschen, die unsere Stadt und das gesamte Rheinland ausmachen.

Eine maßgebende Ausprägung für die besondere Lebensart und Lebensfreude im Rheinland ist der Karneval. Deshalb unterstützen wir gerne verschiedene Vereine in der Brauchtumspflege. Wir engagieren uns darüber hinaus in weiteren gesellschaftlichen Feldern wie Bildung, Sport und Kultur.

Dieses Jahr haben wir außerdem mit einer großen Gruppe von Kolleginnen und Kollegen am Kölner Christopher Street Day, einer Demonstration für die Rechte queerer Menschen in unserer Gesellschaft,  teilgenommen. Dabei hat es mich besonders gefreut, dass die Initiative aus der Mitte der Organisation kam und von Mitarbeitenden aus allen Bereichen des Unternehmens initiiert und organisiert worden ist. Wir finden es unglaublich schön zu sehen, wie eigenmotiviert und engagiert unser Team ist. Genau diese Werte wollen wir leben und verkörpern.

Sie beteiligen sich intensiv an der Digitalisierung der Schulen im Raum Köln/ Bonn. Stichwort „Education Services“: Wie sieht dieses Konzept aus und warum ist es so wichtig?

Dr. Claus van der Velden: Im Auftrag der Stadt Köln betreuen wir die IT-Infrastruktur der Kölner Schulen und bieten ein 360-Grad-Leistungspaket für das digitale Lernen an. Neben einem zentralen Identity-Management und umfänglichen Cloud-Lösungen übernehmen wir die zentrale Geräteverwaltung inklusive Einrichtung und Wartung von etwa hunderttausend Geräten. Und auch die notwendige Infrastruktur der Schulgebäude selbst liefern wir. Rund 8.000 WLAN-Accesspoints sind in den Kölner Schulen verbaut und an unser Glasfaserinternet angeschlossen. Damit ist die Stadt Köln Vorreiter und wir sind stolz, dieses Thema weiter mit voranzutreiben.

Denn vor allem weibliche Fachkräfte sind in den MINT-Berufen nach wie vor unterrepräsentiert. Das zu ändern, sehe ich als eine wichtige gesellschaftliche und bildungspolitische Aufgabe, denn Rollenbilder werden oft bereits früh durch das eigene Elternhaus und die Schule geprägt. Initiativen wie diese bieten Kindern die Chance, schon früh den Zugang zu digitalen Technologien und Themen zu finden und dadurch ihr Interesse für diese Bereiche zu wecken. Das kann außerdem helfen, Stereotype aufzubrechen und mehr Mädchen früh für technische Berufe zu begeistern.

Weibliche Fachkräfte sind in den MINT-Berufen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.

Wie ist die Tech-Branche in Bezug auf weibliche Fachkräfte aufgestellt und welche Entwicklung ist zu beobachten?

Dr. Claus van der Velden: Die Zahlen sprechen für sich –  es gibt noch viel zu tun. Bei NetCologne liegt der Anteil an Frauen bei 28 Prozent, womit wir knapp über dem Branchendurchschnitt liegen. In den letzten Jahren ist  eine positive Entwicklung zu beobachten, dennoch bleibt die Geschlechterverteilung eine Herausforderung. Viele Unternehmen in der Tech-Branche haben erkannt, dass Veränderungen notwendig sind, um langfristig eine ausgewogenere Verteilung zu erreichen. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir in Zukunft eine gerechtere Verteilung der Geschlechter auf allen Hierarchieebenen sehen werden. Und wir leisten dazu unseren gezielten Beitrag.

Im Jahr 2024 haben Sie sich insbesondere auf die Dimension der Chancengleichheit konzentriert. Durch welche Maßnahmen fördern Sie diese und wie versuchen Sie, mehr Frauen für die Tech-Branche zu begeistern?

Dr. Claus van der Velden:  Bausteine unserer Maßnahmen sind beispielsweise unser Frauennetzwerk sowie unsere jährliche Teilnahme am Girl‘s & Boy‘s Day. Doch noch entscheidender finde ich es, die richtigen Rahmenbedingungen für Frauen im Unternehmen zu schaffen. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeiten sind hier von großer Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gestaltung von Stellenausschreibungen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich Frauen manchmal selbstkritischer einschätzen als Männer und daher schon die Formulierung einer Stellenausschreibung beeinflussen kann, ob sie sich auf bestimmte Position bewerben. Darüber hinaus achten wir darauf, alle Stellen, die wir ausschreiben, auch in Teilzeit anzubieten – auch für Führungspositionen. Aktuell nutzen dieses Angebot vor allem Frauen, was ein gewisses Licht auf die vorhandenen gesellschaftlichen Strukturen wirft.  

Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, müssen wir flexible Arbeitsmodelle und Freiräume schaffen. Dabei ist es entscheidend, dass die Anforderungen und Erwartungen von beiden Seiten – dem Unternehmen und den Kandidatinnen – klar kommuniziert werden.

Es ist  uns außerdem wichtig, das Thema Chancengleichheit regelmäßig im Unternehmen auf die Agenda zu setzen.  Dabei ist es aus meiner Sicht elementar, wenn dies auch von uns als männliche Geschäftsführung aktiv unterstützt  wird. In der Tech-Branche, in der viele Führungspositionen noch von Männern besetzt sind, müssen diese für die Thematik  sensibilisiert werden. Eine geschlechtersensible Ansprache und offene Kommunikation miteinander sind hier Schlüssel.

Außerdem versuchen wir Transparenz in unseren Zahlen zu schaffen. Mit unserem monatlichen HR-Reporting schaffen wir einen klaren Überblick: In welchen Abteilungen arbeiten wie viele Frauen? Wie viele bewerben sich? Wie viele werden eingestellt? Gibt es Auffälligkeiten? Diese Transparenz hilft, das Bewusstsein für Chancengleichheit zu schärfen. Entscheidend ist jedoch, dass dieses Reporting nicht nur auf dem Papier existiert, sondern als Grundlage für den Dialog mit den Führungskräften dient. Nur so können wir echte Veränderung bewirken.  

Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, müssen wir flexible Arbeitsmodelle und Freiräume schaffen. Es ist außerdem wichtig, das Thema Chancengleichheit regelmäßig im Unternehmen auf die Agenda zu setzen.

Stichwort „internes Frauennetzwerk“: Welche Vorteile bietet es und haben Sie Tipps, wie in Unternehmen ein solches Netzwerk aufgebaut und gelebt werden kann?

Dr. Claus van der Velden: Unser Frauennetzwerk ist selbstorganisiert und wir als Geschäftsführung bieten lediglich den Raum und die Möglichkeit dafür. Das Netzwerk ist aus einer Initiative der Mitarbeiterinnen entstanden und stößt auf großes Interesse. Da wir zwei männliche Geschäftsführer sind, wäre es aus meiner Sicht nicht zielführend gewesen, das Frauennetzwerk von unserer Seite zu gründen. Wenn ich hier überhaupt einen Tipp geben sollte, dann diesen: Liebe männliche Führungskräfte, mischt euch nicht aktiv ein, sondern schafft die nötigen Freiräume und Möglichkeiten, damit sich ein solches Netzwerk gründen und organisch wachsen kann.

Die Vorteile für das Unternehmen sind eher indirekt, aber dennoch bedeutend. Ein Frauennetzwerk fördert die Motivation und das Engagement der weiblichen Mitarbeiterschaft und macht diese zu aktiven Gestalterinnen einer Unternehmenskultur mit größerer Perspektivenvielfalt. Das ist eines von vielen Puzzleteilen. Mein Eindruck ist, dass die Kolleginnen sehr viel daraus ziehen, aber dazu müssten Sie am besten das Frauennetzwerk mal selbst interviewen.

Ein Frauennetzwerk fördert die Motivation und das Engagement der weiblichen Mitarbeiterschaft und macht diese zu aktiven Gestalterinnen einer Unternehmenskultur mit größerer Perspektivenvielfalt.

NetCologne ist Teil des Kölner Bündnisses „Mit Frauen in Führung“. Was ist dieses Bündnis und wie können Frauen dabei profitieren?

Dr. Claus van der Velden: Das Bündnis besteht aus 17 Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Wir profitieren voneinander, weil wir keine direkten Wettbewerber sind und uns so besonders offen austauschen können. Das Hauptziel ist es, den Anteil weiblicher Führungskräfte in den Bündnisunternehmen zu erhöhen und diese in ihren Rollen zu stärken. Besonders hervorzuheben ist dabei das Cross-Mentoring-Programm, bei dem Frauen gezielt von erfahrenen Führungskräften aus anderen Unternehmen begleitet und gefördert werden. So lassen sich neue Perspektiven einnehmen, das eigene Netzwerk erweitern und persönliche Fähigkeiten weiter ausbauen.

Sie nehmen als Mentor am Cross-Mentoring-Programm teil. Wir würden gerne mehr darüber erfahren. Was war Ihre persönliche Motivation, sich einzubringen?

Dr. Claus van der Velden: Das Programm erstreckt sich auf anderthalb Jahre, in denen eine Führungskraft eines Unternehmens als Mentorin bzw. Mentor für eine Mitarbeiterin eines anderen Unternehmens fungiert und sie auf ihrem Karriereweg begleitet. Der Austausch ist dabei sehr offen und flexibel, ohne starre Vorgaben. Die Häufigkeit der Treffen und die Themen richten sich nach den individuellen Bedürfnissen der Mentee. Die Organisatoren geben aber immer wieder Impulse für die individuelle Arbeit der Mentoring-Tandems.

Seit Februar arbeite ich mit meiner Mentee zusammen und wir treffen uns seitdem regelmäßig. Sie hat mich wiederholt hier bei NetCologne besucht und konnte so einen direkten Einblick in meinen Arbeitsalltag gewinnen. Das Programm lebt von einem kontinuierlichen und vor allem vertrauensvollen Austausch sowie ehrlichem gegenseitigen Feedback.

Meine Motivation, mich als Mentor einzubringen, basiert auf meiner Überzeugung, dass  Unternehmen und ganze Branchen von mehr Diversität nur profitieren können. Unterschiedliche Perspektiven bereichern unsere Unternehmenskultur und fördern die Innovationskraft. Aber auch ich profitiere persönlich von dem Austausch mit meiner hochspannenden Tandempartnerin – ich erhalte neue Impulse und lerne frische Sichtweisen kennen, die auch meine eigene Führungsarbeit bereichern. Diese Erfahrungen machen das Programm nicht nur unternehmerisch sinnvoll, sondern auch für mich persönlich sehr bereichernd.

Unterschiedliche Perspektiven bereichern unsere Unternehmenskultur und fördern die Innovationskraft.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihr Mitwirken in unserer Interview-Reihe!

Das Interview führte Jill Kommoß.