Reg Levy ist Head of Compliance bei Tucows und Arbeitsgruppenvorsitzende der „Diversity & Inclusion Initiative“ der i2Coalition. In unserem Gespräch geht es um ihrem Werdegang in der Tech-Branche, was sie dazu inspiriert hat diesen Berufsweg zu gehen, Mentoring und wie Unternehmen junge Frauen in ihrer Karriere besser unterstützen können.
Reg, Sie sind seit mehr als einem Jahrzehnt in der Domainbranche tätig. Als Head of Compliance bei Tucows – und als Arbeitsgruppenvorsitzende der „Diversity & Inclusion Initiative“ der i2Coalition – sind Sie nicht nur eine weibliche Führungspersönlichkeit in der Technologiebranche, sondern auch eine Verfechterin für Vielfalt. Wenn Sie auf Ihre Teenagerjahre zurückblicken: Gab es bestimmte Initiativen, die Sie damals inspiriert haben, sich in der Tech-Branche zu engagieren?
Reg Levy: Ich habe mich schon früh für Technik interessiert. Ich habe Video- und Computerspiele gespielt. Ich hatte Zugang zu Computern, nicht nur weil es in der Schule erforderlich war, sondern auch in meiner Freizeit, weil es mir Spaß machte, die Zeit am Computer zu verbringen. Und weil Computer ein fester Bestandteil meines Lebens waren, wurden sie zu etwas, das mich interessierte, weil offensichtlich auch Erwachsene sie benutzten. Die Möglichkeit, freie Zeit am Computern zu verbringen, war also sehr prägend für mich.
Wenn Sie ein Mädchen im Teenageralter wären, gibt es eine oder zwei Initiativen in den USA, von denen Sie glauben, dass sie Ihr Interesse für eine Karriere im technischen Bereich wecken würden?
Reg Levy: Was mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war die Teilnahme am Space Camp, das von einem lokalen Raumfahrtunternehmen gesponsert wurde. Ich lebte damals in Seattle, wo mein Vater für Boeing arbeitete, und sie initiierten dort ein Space Summer Camp. Dieses Camp war sehr technisch und wissenschaftlich ausgerichtet. Heute gibt es ähnliche Initiativen und Sommer Camps, die sich sowohl an Jungen als auch an Mädchen richten. Sie ermöglichen es Kindern und jungen Erwachsenen, spielerisch mit Technologie in Berührung zu kommen, zu lernen und auszuprobieren, wie Dinge funktionieren. Dies geschieht in einem Umfeld, in dem Scheitern nicht mit einem Stigma behaftet ist, das Scheitern gehört zum Lernen und Wachsen einfach dazu.
Eine der Initiativen, an der sich mein Unternehmen Tucows beteiligte, war ein „Makerspace“ in der Nähe einer unserer „Ting Towns“ in Charlottesville. Inzwischen haben wir ihn an die örtliche Bibliothek übergeben, die ihn nun vollständig verwaltet. Aber als wir damit anfingen, war es ein Ort, zu dem jeder in der Stadt kommen und sich verschiedene Geräte ausleihen konnte. In dieser Hinsicht hatten wir 3D-Drucker, Lasergravierer und weitere technische Geräte, mit denen Erwachsene Dinge herstellen konnten. Obwohl das Angebot in erster Linie für Erwachsene gedacht war, haben wir auch regelmäßig Sommercamps veranstaltet, in denen wir Kinder ermutigt haben, den Umgang mit 3D-Druckern und Co zu erlernen.
Ich habe mich schon als Mädchen und Teenager spielerisch mit Technologie auseinandergesetzt und das Potenzial dahinter gesehen. Daher ist das, was ich aktuell mache, eine Art natürliche Entwicklung.
„Die Inspiration für Mädchen liegt im Spiel, in der freudigen Interaktion mit der Technologie – sei es in Form von Videospielen, beim Erlernen von Codes oder beim Spielen mit Lego Roboter-Bauspielzeugen. Mit diesen Roboter-Bau-Sets können Kinder etwas erschaffen und sich ausprobieren, sie können mit diesem Set ihren eigenen sprechenden, interaktiven Roboterfreund bauen und programmieren. Es ist äußerst wichtig, dass Mädchen von klein auf diese Möglichkeiten haben. Das ist etwas, was ich meinen Schwestern für ihre Kinder mit auf den Weg gegeben habe: Ich habe dafür gesorgt, dass meine Nichten von klein auf zu Hause Computer haben, damit sie Technologie spielerisch und mit kindlicher Neugier ausprobieren und kennenlernen und damit sie verstehen, Computer und Technologien sind nicht nur etwas für Erwachsene. Es ist etwas das Spaß machen kann. Es ist etwas, mit dem man spielen kann.“
Welche Aspekte Ihrer eigenen Arbeit könnten Ihrer Meinung nach besonders inspirierend für Mädchen sein, die eine technische Laufbahn in Betracht ziehen?
Reg Levy: Ich habe mich schon als Mädchen und Teenager spielerisch mit Technologie auseinandergesetzt und das Potenzial dahinter gesehen. Daher ist das, was ich aktuell mache, eine Art natürliche Entwicklung. Als Head of Compliance kümmere mich um die Compliance im Internet. Wenn etwas ins Illegale abdriftet, beispielsweise in gefährliche, nicht-gesetzeskonforme Äußerungen, Volksverhetzung oder Verleumdung oder in Bereiche des sexuellen Missbrauchs von Kindern, dann sorgen wir dafür, dass die Inhalte entsprechend aus dem Netz gelöscht werden. Aber wenn das nicht der Fall ist und es sich um etwas handelt, das vielleicht nur irgendwem nicht gefällt, ist es auch Teil meiner Aufgabe zu sagen: „Nein, es ist in Ordnung, wenn diese Person etwas im Netz weiterhin tut. Es ist legal, oder es ist eben freie Meinungsäußerung. Es gefällt nur dir nicht.“
Was sind Ihrer Meinung nach geeignete Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können, um Frauen, die in der Tech-Branche starten, zu unterstützen?
Reg Levy: Erstens ist es sehr wichtig, Vorbilder zu haben, die sichtbar und zugänglich sind. Zweitens ist es wichtig, eine:n Mentor:in zu haben. Dazu kann ein strukturiertes Mentorenprogramm gehören, aber es kann auch bedeuten, dass man einfach sagt: „Hey, unsere Cyber-Vizepräsidentin ist eine Frau. Bei uns sind Frauen im Vorstand und dies sind Positionen, die du auch erreichen kannst.“ Es ist wichtig, solche Fakten zu sehen und zu hören. Die Betonung dieser Vielfalt im Unternehmen ist eine Art passiver Weg, jungen Mädchen zu zeigen, dass sie das auch erreichen können. Wichtig ist aber auch, dass man Misserfolge zulässt – mit anderen Worten, dass man Menschen erlaubt, Fehler zu machen, sie zu korrigieren und aus ihnen zu lernen. Wenn man mit Lego Steinen spielt, setzt man sie zusammen und erschafft etwas. Und manchmal ist es nicht das, was man vorhatte, also muss man es wieder auseinandernehmen und neu versuchen. Und das ist ein Teil des Spiels mit Lego – es ist kein Versagen.
Ich persönlich habe das Gefühl, dass viele junge Frauen, vor allem in den westlichen Gesellschaften, so sozialisiert werden, dass sie nicht scheitern dürfen. Sie werden mit der Vorstellung sozialisiert, dass sie perfekt sein müssen. Wenn sie es nicht sind, dann sind sie nicht gut genug, um Geschäftsführerin, Vizepräsidentin oder Vorstandsmitglied zu werden. Was dies bedeutet: Es ist auch gut, jungen Frauen, dass man ruhig öffentlich, verletzlich und ehrlich mit seinen eigenen Fehlern umgehen kann. Wenn sie ein Problem haben, können sie sich an ihre Kollegen wenden. Und dann können wir von dort aus weitermachen. Wir können ihnen helfen zu lernen.
Reg Levy ist Head of Compliance bei TCX, einem kanadischen Domain-Namen-Registrar und Anbieter von Registrierungsdiensten (Tucows), Glasfaser-Internet-Anbieter (Ting) und Anbieter von Mobilfunkdiensten (Wavelo). Reg ist seit 2011 in der Domainbranche tätig, angefangen hat sie bei einem Top-Level-Domain-Registrar-Anbieter, zugleich nahm sie auch ihr Engagement bei ICANN auf. Reg ist zudem Working Group Chair der i2Coalition Diversity & Inclusion Initiative. Darüber hinaus ist Reg im Names & Numbers Steering Committee vom eco – Verband der Internetwirtschaft tätig und engagiert sich in lokalen Anwaltskammern.
Es ist extrem wichtig ist, eine:n Mentor:in zu haben. Es ist wichtig, Vorbilder zu haben, die sichtbar und zugänglich sind.
Wichtig ist aber auch, dass man Misserfolge zulässt – mit anderen Worten, dass man Menschen erlaubt, Fehler zu machen, sie zu korrigieren und aus ihnen zu lernen.