Im Gespräch mit Kerstin Stromberg-Mallmann, Geschäftsführerin bei Talking Bridges GmbH

Kerstin Stromberg-Mallmann ist Leiterin der Deutschen Moderatorenakademie und Geschäftsführerin von Talking Bridges. Kommunikation ist ihre große Leidenschaft und ihr Ziel ist es, durch Sprache Brücken zu bauen. Neben ihrer Tätigkeit als Profimoderatorin auf großen Bühnen ist sie Trainerin und Coach und bildet moderationsbegeisterte Menschen für eine professionelle Live-Moderation aus.

Wie gestaltet sich Ihr Arbeitstag und was ist das besonders Spannende an Ihrem Job?

Kerstin Stromberg-Mallmann: Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich, das macht sie für mich so besonders. In dem Sinne habe ich auch keinen klassischen Arbeitsalltag. Mich begeistert es, mit vielen unterschiedlichen Menschen zu arbeiten. Dadurch tauche ich in unterschiedliche Lebenswelten ein und lerne täglich Neues. Beispielsweise kann mein Tag so aussehen, dass ich durch eine spannende Veranstaltung führe, an einem anderen Tag eine Moderation in Vorgesprächen vorbereite oder mir hilfreiche Übungen für die Teilnehmenden unsere Seminare überlege. Es ist einfach sehr spannend und vielfältig.

Sie waren für viele Jahre als Referentin in Bundesministerien verbeamtet und sind nun mit Ihrem Unternehmen und als Moderatorin selbstständig. Wie lauten Ihre drei Karriere-Tipps für Frauen, die sich ebenfalls selbstständig machen wollen?

Kerstin Stromberg-Mallmann: In die Selbstständigkeit zu gehen, war für mich ein Riesenschritt, denn ich habe damit ein Höchstmaß an Sicherheit aufgegeben. Das habe ich nicht einfach so gemacht, sondern es war ein innerer Prozess. Daher ist mein erster Tipp: geht Schritt für Schritt in die Umsetzung. Ich habe meine Selbstständigkeit nebenberuflich aufgebaut und bereits während meiner Zeit im Ministerium moderiert. Damit konnte der Prozess stetig wachsen und ich wurde immer sicherer, mich selbstständig machen zu wollen. Der zweite Tipp: sucht euch Menschen, die euch bei diesem Weg unterstützen, ermutigen und Kraft geben. Das heißt keine Zweifler, keine Bedenkenträger, die eure Idee im Keim ersticken, sondern Menschen, die sehen was in euch steckt und euch darin bestärken. Und mein letzter und wichtigster Tipp: hört auf euer Herz. Macht euch mit etwas selbstständig, wofür ihr brennt und euch begeistert. Bei dem ihr das Gefühl habt, einen positiven Beitrag für die Welt zu leisten.

Sie sind als Moderatorin und Speakerin auf vielen Events präsent. Sind Frauen auf der Bühne weiterhin unterrepräsentiert oder nehmen Sie auch Veränderungen wahr?  

Kerstin Stromberg-Mallmann: Es ist sehr branchenabhängig. Wenn ich als Moderatorin im Bildungsbereich moderiere, sind hauptsächlich Frauen auf der Bühne. Wenn wir über Themen wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Infrastrukturausbau und Wirtschaftspolitik sprechen, ist es nach wie vor sehr männerdominiert. Ich nehme aber auch Veränderungen wahr. Viele Veranstalter wollen inzwischen gerne mehr Frauen auf der Bühne sehen und wählen ihre Diskussionsteilnehmer:innen danach aus. Es gibt Panellisten, die nur teilnehmen, wenn auch eine Frau vertreten ist. Ich nehme auch wahr, dass eine junge, selbstbewusste Generation kommt, die sich auf der Bühne positionieren will. Insofern hat die Veränderung bereits begonnen und sie geht stetig weiter.

Sucht euch Menschen, die euch bei diesem Weg unterstützen, ermutigen und Kraft geben.

Durch Ihre eigene langjährige Erfahrung, was kann Frauen helfen, sich besser auf einer männlich dominierten Bühne zu positionieren?

Kerstin Stromberg-Mallmann: Mein wichtigster Tipp ist: gute Vorbereitung! Sie gibt uns Sicherheit und Souveränität. Es gilt sowohl für das Inhaltliche als auch für das WIE, also für Auftritt und Wirkung auf der Bühne. Das heißt üben, üben, üben. Sich damit den eigenen Stärken bewusst werden. Positives Feedback zu bekommen ist dafür ebenfalls entscheidend. In meinen Coachings merke ich häufig, dass Frauen tendenziell kritischer mit sich selbst umgehen als Männer. Männer sind der Ansicht, bereits viele Erwartungen zu erfüllen, während Frauen stärker ihr Weiterentwicklungspotenzial sehen. Das ist einerseits gut, weil wir besser werden wollen. Wir Frauen sollten gleichzeitig unsere innere Kritikerin zu unserer inneren Mentorin machen. Das bedeutet: statt auf das zu schauen, was wir noch nicht können, sollten wir  zuversichtlich auf die Bühne gehen. Wir sollten an uns glauben, unsere Stärken sehen und unseren Fokus darauflegen, was wir alles können. Das strahlen wir dann auch nach außen aus.

Wir sollten an uns glauben, unsere Stärken sehen und unseren Fokus darauflegen, was wir alles können.

Gibt es auch Tipps, die Frauen in der Situation auf der Bühne beachten können? Wie kann man bei unangenehmen Situationen souverän reagieren? 

Kerstin Stromberg-Mallmann: Wie bereits erwähnt, ist es wichtig, mit einer inneren Mentorin und einem Selbstbewusstsein auf die Bühne zu gehen. Sich selbst zuzureden, dass man einen wertvollen Beitrag leistet und gut auftreten wird. Auch unsere Körpersprache ist sehr entscheidend. Das heißt aufrechter Stand, aufrechte Haltung und dem Publikum zugewandt sein.

In einer unangenehmen Situation ist mein erster Tipp: ausatmen. Das Ganze nicht persönlich nehmen und eine offene Frage stellen oder Feedback geben. Den Ball damit zurückspielen und den anderen spiegeln. Die Kür ist, dass wir durch aktives Zuhören die Emotionen des anderen offenlegen und transportieren: „Ich habe den Eindruck, Sie sind sehr aufgebracht. Das Thema macht Sie anscheinend richtig wütend.“, oder „Sie sprechen sehr laut, das empfinde ich als unangenehm. Ist es das, was Sie beabsichtigen?“ Dies kann helfen, den Gesprächspartner runterzubringen. Daher ist meine goldene Lebensregel, sagen was ist und Feedback geben. 

Sie hatten bereits kurz die Rolle des Veranstalters angesprochen. Gibt es konkrete Maßnahmen, die Veranstalter nutzen können, um mehr Frauen als Moderatorin oder Speakerin zu gewinnen und sie besser zu positionieren?  

Kerstin Stromberg-Mallmann: Ich bin überzeugt, es gibt genug tolle Expertinnen, die bereit sind auf die Bühne zu gehen. Dafür braucht es meines Erachtens die Bereitschaft der Veranstalter bei der Suche nach geeigneten Speakerinnen nicht ausschließlich auf oberste Hierarchiestufe zu suchen. Muss es immer der Geschäftsführer sein oder kann nicht auch die Bereichsleiterin als Expertin auftreten?

Die Veranstalter können sich bewusst auf Plattformen nach Speakerinnen umsehen und sollten ihre Kontakte nutzen. Sie müssen das innere Mindset haben und es sich als konkretes Ziel vornehmen mehr Frauen auf die Bühne bringen zu wollen. Vor Ort sehe ich dann weniger den Veranstalter und mehr die Moderation in der Verantwortung. Ich habe den Eindruck, dass Frauen tendenziell kürzer und weniger Raum einnehmend sprechen. Die Konsequenz ist, dass ich als Moderatorin explizit darauf achte, dass der Redeanteil von allen Teilnehmenden ähnlich groß ist und die Anzahl der Fragen dahingehend ausrichte.

Bei Talking Bridges ist Ihr Ziel, durch Kommunikation Brücken zu bauen. Dafür bieten Sie verschiedene Coachings und Trainings an. Wie sehen diese Coachings aus und wie können diese den Teilnehmenden helfen?

Kerstin Stromberg-Mallmann: Unsere Seminare und Coachings sind sehr interaktiv, mit vielen praktischen Übungen. Alle Teilnehmenden bekommen individuelles, wertschätzendes Feedback und viel Raum für ihre Fragen. Ein besonderes Highlight ist die VR-Brille, mit der die Teilnehmenden vor 10, 250 oder 500 Menschen sprechen. Dadurch wird ein Gefühl für die Situation vermittelt. Die verbaute KI gibt direkt Feedback über die Schnelligkeit und Art des Sprechens sowie Nutzung von Füllwörtern.

Durchweg alle Teilnehmenden fühlen sich durch unsere Seminare gestärkt und sicherer in Gesprächssituationen und auf der Bühne. Immer wieder höre ich, dass sich die Qualität der Beziehungen zu anderen Menschen verbessert hat, primär durch das aktive Zuhören. Unsere Angebote helfen, ein stärkeres Bewusstsein für die Kommunikationsfacetten zu bekommen. Wir möchten dabei unterstützen, sich selbst und die eigenen Stärken sowie Schwächen besser zu reflektieren. Somit können wir Weiterentwicklungspotenziale identifizieren und an uns arbeiten.

Wir bieten unsere Formate für alle Geschlechter und Hierarchiestufen an. Dabei ist unser Ziel, dass Frauen und Männer konstruktiv zusammenarbeiten und sich gemeinsam stärken. Denn Studien zeigen immer wieder, dass gemischte Teams am besten performen.

Dabei ist unser Ziel, dass Frauen und Männer konstruktiv zusammenarbeiten und sich gemeinsam stärken. Denn Studien zeigen immer wieder, dass gemischte Teams am besten performen.

Für Frauen haben Sie das Seminar Female Empowerment konzipiert. Wie kann es Frauen in ihrem Karriereweg unterstützen?

Kerstin Stromberg-Mallmann: In diesem Seminar gehen wir auf die Unterschiede von männlicher und weiblicher Kommunikation ein und überlegen, welche Rückschlüsse wir daraus ziehen können. Es geht sehr stark um Auftritt und Wirkung mit praktischen Übungen. Ganz wichtig ist das Themenfeld innere Haltung. Wie gehe ich mit mir um, wie sehe ich mich im Vergleich zu anderen? Bin ich eher unterwürfig, werte ich ab oder gehe ich mit einer „Du bist o.k. – ich bin o.k.“ Haltung in Gespräche, ja sogar durchs Leben? Dabei arbeiten wir mit vielen Fallbeispielen. Denn Frauen erleben weiterhin Situationen, in denen sie nicht ernst genommen oder abgewertet werden. Wir möchten ihnen dafür eine Toolbox an die Hand geben, um damit zukünftig souveräner und gestärkt umgehen zu können. Das Seminar hilft, sich auszutauschen und zu erkennen, dass sie mit solchen Herausforderungen nicht alleinstehen. Unser Ziel ist es, die innere Kritikerin zu einer Unterstützerin zu verwandeln. Wenn wir eine positive Einstellung und ein sicheres Auftreten entwickeln, bin ich davon überzeugt, dass uns diese Souveränität von anderen wieder entgegengebracht wird. Wir müssen demnach einen Perspektivwechsel vornehmen und das negative und kritische Denken umwandeln. Insbesondere auf der Bühne und generell in beruflichen Situationen.

Wenn wir eine positive Einstellung und ein sicheres Auftreten entwickeln, bin ich davon überzeugt, dass uns diese Souveränität von anderen wieder entgegengebracht wird.

Haben Sie drei goldene Ratschläge, um sich stärker im Berufsleben zu positionieren?

Kerstin Stromberg-Mallmann: Um sich als Frau stärker zu positionieren, habe ich drei Tipps: Erstens solltet ihr euch gegenseitig empowern, stark machen und miteinander netzwerken. Dies kann eben sehr gut über Feedback funktionieren. Zweitens versteht euch als Gestalterin und agiert proaktiv. Und das Dritte ist Sichtbarkeit. Tretet als Expertin und Moderatorin auf und nehmt euren Raum in Meetings und auf der Bühne bewusst ein.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihr Mitwirken in unserer Interview-Reihe!

Das Interview führte Jill Kommoß

Im Gespräch mit Dr. Claus van der Velden, kaufmännischer Geschäftsführer bei NetCologne Gesellschaft für Telekommunikation mbH

Dr. Claus van der Velden verantwortet als kaufmännischer Geschäftsführer die Bereiche Controlling, Rechnungswesen, Personal sowie Einkauf und Recht & Regulierung bei NetCologne. Das Telekommunikationsunternehmen hat sich die Förderung von Vielfalt und insbesondere die Gleichstellung von Frauen und Männern zum Ziel gesetzt. NetCologne möchte durch verschiedene Maßnahmen und Rahmenbedingungen die Einstiegs-, Entwicklungs- und Aufstiegschancen von Frauen in der historisch immer noch sehr männlich geprägten Telekommunikationswelt fördern.  

Ihr Unternehmen ist tief in der hiesigen Kultur verwurzelt und zeigt ein hohes Engagement. Was macht die Region für Sie so besonders und wie fördern Sie diese?

Dr. Claus van der Velden: Köln ist bekanntlich die schönste Stadt der Welt. Auf jeden Fall ist die Stadt sehr lebenswert und weltoffen. Und es sind vor allem die Menschen, die unsere Stadt und das gesamte Rheinland ausmachen.

Eine maßgebende Ausprägung für die besondere Lebensart und Lebensfreude im Rheinland ist der Karneval. Deshalb unterstützen wir gerne verschiedene Vereine in der Brauchtumspflege. Wir engagieren uns darüber hinaus in weiteren gesellschaftlichen Feldern wie Bildung, Sport und Kultur.

Dieses Jahr haben wir außerdem mit einer großen Gruppe von Kolleginnen und Kollegen am Kölner Christopher Street Day, einer Demonstration für die Rechte queerer Menschen in unserer Gesellschaft,  teilgenommen. Dabei hat es mich besonders gefreut, dass die Initiative aus der Mitte der Organisation kam und von Mitarbeitenden aus allen Bereichen des Unternehmens initiiert und organisiert worden ist. Wir finden es unglaublich schön zu sehen, wie eigenmotiviert und engagiert unser Team ist. Genau diese Werte wollen wir leben und verkörpern.

Sie beteiligen sich intensiv an der Digitalisierung der Schulen im Raum Köln/ Bonn. Stichwort „Education Services“: Wie sieht dieses Konzept aus und warum ist es so wichtig?

Dr. Claus van der Velden: Im Auftrag der Stadt Köln betreuen wir die IT-Infrastruktur der Kölner Schulen und bieten ein 360-Grad-Leistungspaket für das digitale Lernen an. Neben einem zentralen Identity-Management und umfänglichen Cloud-Lösungen übernehmen wir die zentrale Geräteverwaltung inklusive Einrichtung und Wartung von etwa hunderttausend Geräten. Und auch die notwendige Infrastruktur der Schulgebäude selbst liefern wir. Rund 8.000 WLAN-Accesspoints sind in den Kölner Schulen verbaut und an unser Glasfaserinternet angeschlossen. Damit ist die Stadt Köln Vorreiter und wir sind stolz, dieses Thema weiter mit voranzutreiben.

Denn vor allem weibliche Fachkräfte sind in den MINT-Berufen nach wie vor unterrepräsentiert. Das zu ändern, sehe ich als eine wichtige gesellschaftliche und bildungspolitische Aufgabe, denn Rollenbilder werden oft bereits früh durch das eigene Elternhaus und die Schule geprägt. Initiativen wie diese bieten Kindern die Chance, schon früh den Zugang zu digitalen Technologien und Themen zu finden und dadurch ihr Interesse für diese Bereiche zu wecken. Das kann außerdem helfen, Stereotype aufzubrechen und mehr Mädchen früh für technische Berufe zu begeistern.

Weibliche Fachkräfte sind in den MINT-Berufen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert.

Wie ist die Tech-Branche in Bezug auf weibliche Fachkräfte aufgestellt und welche Entwicklung ist zu beobachten?

Dr. Claus van der Velden: Die Zahlen sprechen für sich –  es gibt noch viel zu tun. Bei NetCologne liegt der Anteil an Frauen bei 28 Prozent, womit wir knapp über dem Branchendurchschnitt liegen. In den letzten Jahren ist  eine positive Entwicklung zu beobachten, dennoch bleibt die Geschlechterverteilung eine Herausforderung. Viele Unternehmen in der Tech-Branche haben erkannt, dass Veränderungen notwendig sind, um langfristig eine ausgewogenere Verteilung zu erreichen. Ich bin daher zuversichtlich, dass wir in Zukunft eine gerechtere Verteilung der Geschlechter auf allen Hierarchieebenen sehen werden. Und wir leisten dazu unseren gezielten Beitrag.

Im Jahr 2024 haben Sie sich insbesondere auf die Dimension der Chancengleichheit konzentriert. Durch welche Maßnahmen fördern Sie diese und wie versuchen Sie, mehr Frauen für die Tech-Branche zu begeistern?

Dr. Claus van der Velden:  Bausteine unserer Maßnahmen sind beispielsweise unser Frauennetzwerk sowie unsere jährliche Teilnahme am Girl‘s & Boy‘s Day. Doch noch entscheidender finde ich es, die richtigen Rahmenbedingungen für Frauen im Unternehmen zu schaffen. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Möglichkeiten sind hier von großer Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gestaltung von Stellenausschreibungen. Unsere Erfahrung zeigt, dass sich Frauen manchmal selbstkritischer einschätzen als Männer und daher schon die Formulierung einer Stellenausschreibung beeinflussen kann, ob sie sich auf bestimmte Position bewerben. Darüber hinaus achten wir darauf, alle Stellen, die wir ausschreiben, auch in Teilzeit anzubieten – auch für Führungspositionen. Aktuell nutzen dieses Angebot vor allem Frauen, was ein gewisses Licht auf die vorhandenen gesellschaftlichen Strukturen wirft.  

Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, müssen wir flexible Arbeitsmodelle und Freiräume schaffen. Dabei ist es entscheidend, dass die Anforderungen und Erwartungen von beiden Seiten – dem Unternehmen und den Kandidatinnen – klar kommuniziert werden.

Es ist  uns außerdem wichtig, das Thema Chancengleichheit regelmäßig im Unternehmen auf die Agenda zu setzen.  Dabei ist es aus meiner Sicht elementar, wenn dies auch von uns als männliche Geschäftsführung aktiv unterstützt  wird. In der Tech-Branche, in der viele Führungspositionen noch von Männern besetzt sind, müssen diese für die Thematik  sensibilisiert werden. Eine geschlechtersensible Ansprache und offene Kommunikation miteinander sind hier Schlüssel.

Außerdem versuchen wir Transparenz in unseren Zahlen zu schaffen. Mit unserem monatlichen HR-Reporting schaffen wir einen klaren Überblick: In welchen Abteilungen arbeiten wie viele Frauen? Wie viele bewerben sich? Wie viele werden eingestellt? Gibt es Auffälligkeiten? Diese Transparenz hilft, das Bewusstsein für Chancengleichheit zu schärfen. Entscheidend ist jedoch, dass dieses Reporting nicht nur auf dem Papier existiert, sondern als Grundlage für den Dialog mit den Führungskräften dient. Nur so können wir echte Veränderung bewirken.  

Um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, müssen wir flexible Arbeitsmodelle und Freiräume schaffen. Es ist außerdem wichtig, das Thema Chancengleichheit regelmäßig im Unternehmen auf die Agenda zu setzen.

Stichwort „internes Frauennetzwerk“: Welche Vorteile bietet es und haben Sie Tipps, wie in Unternehmen ein solches Netzwerk aufgebaut und gelebt werden kann?

Dr. Claus van der Velden: Unser Frauennetzwerk ist selbstorganisiert und wir als Geschäftsführung bieten lediglich den Raum und die Möglichkeit dafür. Das Netzwerk ist aus einer Initiative der Mitarbeiterinnen entstanden und stößt auf großes Interesse. Da wir zwei männliche Geschäftsführer sind, wäre es aus meiner Sicht nicht zielführend gewesen, das Frauennetzwerk von unserer Seite zu gründen. Wenn ich hier überhaupt einen Tipp geben sollte, dann diesen: Liebe männliche Führungskräfte, mischt euch nicht aktiv ein, sondern schafft die nötigen Freiräume und Möglichkeiten, damit sich ein solches Netzwerk gründen und organisch wachsen kann.

Die Vorteile für das Unternehmen sind eher indirekt, aber dennoch bedeutend. Ein Frauennetzwerk fördert die Motivation und das Engagement der weiblichen Mitarbeiterschaft und macht diese zu aktiven Gestalterinnen einer Unternehmenskultur mit größerer Perspektivenvielfalt. Das ist eines von vielen Puzzleteilen. Mein Eindruck ist, dass die Kolleginnen sehr viel daraus ziehen, aber dazu müssten Sie am besten das Frauennetzwerk mal selbst interviewen.

Ein Frauennetzwerk fördert die Motivation und das Engagement der weiblichen Mitarbeiterschaft und macht diese zu aktiven Gestalterinnen einer Unternehmenskultur mit größerer Perspektivenvielfalt.

NetCologne ist Teil des Kölner Bündnisses „Mit Frauen in Führung“. Was ist dieses Bündnis und wie können Frauen dabei profitieren?

Dr. Claus van der Velden: Das Bündnis besteht aus 17 Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Wir profitieren voneinander, weil wir keine direkten Wettbewerber sind und uns so besonders offen austauschen können. Das Hauptziel ist es, den Anteil weiblicher Führungskräfte in den Bündnisunternehmen zu erhöhen und diese in ihren Rollen zu stärken. Besonders hervorzuheben ist dabei das Cross-Mentoring-Programm, bei dem Frauen gezielt von erfahrenen Führungskräften aus anderen Unternehmen begleitet und gefördert werden. So lassen sich neue Perspektiven einnehmen, das eigene Netzwerk erweitern und persönliche Fähigkeiten weiter ausbauen.

Sie nehmen als Mentor am Cross-Mentoring-Programm teil. Wir würden gerne mehr darüber erfahren. Was war Ihre persönliche Motivation, sich einzubringen?

Dr. Claus van der Velden: Das Programm erstreckt sich auf anderthalb Jahre, in denen eine Führungskraft eines Unternehmens als Mentorin bzw. Mentor für eine Mitarbeiterin eines anderen Unternehmens fungiert und sie auf ihrem Karriereweg begleitet. Der Austausch ist dabei sehr offen und flexibel, ohne starre Vorgaben. Die Häufigkeit der Treffen und die Themen richten sich nach den individuellen Bedürfnissen der Mentee. Die Organisatoren geben aber immer wieder Impulse für die individuelle Arbeit der Mentoring-Tandems.

Seit Februar arbeite ich mit meiner Mentee zusammen und wir treffen uns seitdem regelmäßig. Sie hat mich wiederholt hier bei NetCologne besucht und konnte so einen direkten Einblick in meinen Arbeitsalltag gewinnen. Das Programm lebt von einem kontinuierlichen und vor allem vertrauensvollen Austausch sowie ehrlichem gegenseitigen Feedback.

Meine Motivation, mich als Mentor einzubringen, basiert auf meiner Überzeugung, dass  Unternehmen und ganze Branchen von mehr Diversität nur profitieren können. Unterschiedliche Perspektiven bereichern unsere Unternehmenskultur und fördern die Innovationskraft. Aber auch ich profitiere persönlich von dem Austausch mit meiner hochspannenden Tandempartnerin – ich erhalte neue Impulse und lerne frische Sichtweisen kennen, die auch meine eigene Führungsarbeit bereichern. Diese Erfahrungen machen das Programm nicht nur unternehmerisch sinnvoll, sondern auch für mich persönlich sehr bereichernd.

Unterschiedliche Perspektiven bereichern unsere Unternehmenskultur und fördern die Innovationskraft.

Vielen herzlichen Dank für Ihre Zeit und Ihr Mitwirken in unserer Interview-Reihe!

Das Interview führte Jill Kommoß.